München schwitzt
Von Richard Peters
Aus dem Englischen von Solveig Rose-Mollard
Puh! Dieser Sommer war ein einziger Saunagang. Auf ein paar angenehm milde Frühlingswochen folgten kühlere Tage, die einige die Stirn runzeln ließen: „Oh nein, wird das Wetter etwa so bleiben?“. Doch dann wurde es heiß in München. Sch(w)eißheiß.
Unzählige Male saß ich in den letzten zwei Monaten vor meinem Computer, um diesen Blogbeitrag zu schreiben. Vergebens. Jedes Mal war es, als sauge die Hitze jegliche Kreativität buchstäblich aus mir heraus. So ertappte ich mich dabei, wie ich einfach minutenlang auf das leere virtuelle Blatt in Microsoft Word starrte – um bald darauf das (schweißgetränkte) Handtuch zu werfen.
Nun hat sich das Wetter seit ein, zwei Tagen abgekühlt, und da ich diese Zeilen schreibe, spüre ich, wie sich ein sanfter Sommerregen säuselnd und singend meiner siedenden Seele erbarmt. Durch das Fenster dringt das leise Schmatzen des Straßenverkehrs, der über den nassen Asphalt gleitet. Ich kann wieder schreiben!
Wie ich die Hitzewelle überlebt habe? Rein physisch dank offener Fenster, ausgefeilter Fächertechnik und eisernen Unterdrückens des Drangs, mich lang ausgestreckt dem Kitzeln der Sonnenstrahlen hinzugeben. Mental, indem ich mir nicht – ich wiederhole: NICHT! – ausmalte, wie es wäre, irgendwo in der Südsee an einem einsamen Strand im erlabenden Schatten sanft wiegender Palmen mit einem erfrischenden Cocktail in der Hand die Seele baumeln zu lassen.
In meiner Wohnung gibt es historisch bedingt keine Klimaanlage – schließlich erfordert das mitteleuropäische Klima eine solche in der Regel nicht. Normalerweise würden im Sommer einfach alle scharenweise zu idyllischen Hotspots aufbrechen, um dort die Sonne zu genießen, und die lauen Abende dicht gedrängt auf Terrassen oder in Biergärten gediegen ausklingen lassen. Aber dieser ist eben kein normaler Sommer: Social Distancing ist geboten, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
In München kann ich mir einfach mein Rad schnappen und die Isar so lange hinauf- oder hinunterfahren, bis ich ein einsames Plätzchen am Ufer finde, um die Füße ins kühle Nass zu tauchen. Doch viele andere Städte können mit dieser geografisch vorzüglichen Lage nicht mithalten. Ihre Einwohner sind dazu verdammt, entweder zu Hause zu brutzeln oder sich auf brechend vollen Stränden, Plätzen oder Parks dem Virus auszusetzen.
Wer auf dem Land wohnt, braucht sich mit dieser Sorge nicht herumzuschlagen. Aber ich bin und bleibe ein Stadtmensch. Glücklicherweise waren die Lockdown-Auflagen in Deutschland bisher deutlich lockerer als andernorts. So können wir uns frei bewegen, statt zu Hause eingesperrt zu bleiben, und müssen auch an öffentlichen Orten keinen Mund-Nasenschutz tragen.
Der Sommer neigt sich nun dem Ende zu und wird hoffentlich in einen goldenen Herbst übergehen: mit bunter Blätterpracht, angenehmen Temperaturen, bester Gesundheit und hellem Frohsinn weit und breit. Und vor allem: dem Drang und der Fähigkeit, wieder kreativ zu werden!