Wie lautet eigentlich der Plural von Krampus?
Von Kristin Fehlauer
Aus dem Englischen von Maria Wolf
Dies ist nun mein 15. Weihnachten in München und doch das erste Jahr, in dem ich es zum Krampuslauf geschafft habe. Wen die gruseligen Wesen aus dem alpenländischen Brauchtum bisher noch nicht das Fürchten gelehrt haben, der sollte wissen: Krampus ist sozusagen das dämonische Pendant zum Hl. Nikolaus. Während der Nikolaus brave Kinder mit Süßigkeiten und Geschenken belohnt, knöpft sich der Krampus die unartigen mit seiner Birkenrute vor. Und natürlich darf der Sack für die ganz bösen Kinder nicht fehlen, in dem er sie davonträgt – wohin, weiß niemand so richtig. Der unheimliche Gesell ist in ein zottiges Wollkleid gehüllt. Er trägt Kuhglocken am Rücken oder um die Taille, bedrohliche Hörner auf dem Kopf und starrt mit verzerrtem Gesicht, närrischem Grinsen, herausgestreckter Zunge und seelenlosen Augen in die Menge. Was dies wohl über die (süd-)deutsche Psyche aussagt …
Wider Erwarten war der Krampuslauf in München eine ziemlich zahme Angelegenheit. Weder unter den Läufern noch zwischen ihnen und den Schaulustigen kam es zu ernsthaften Auseinandersetzungen; auch musste niemand medizinisch versorgt werden, wie es durchaus manchmal der Fall ist. Meine Familie in den USA, der ich ein Video geschickt hatte, zeigte sich verwundert, wie zivilisiert es wohl beim Lauf zugegangen sei. Tatsächlich hörte man weder dröhnende Musik noch ohrenbetäubende Krachmacher, Geschrei oder Gegröle. Es war ein angenehmes Schauspiel! Die Krampusse – so der offizielle Plural – waren auch viel freundlicher zu den Kindern, als ich erwartet hatte. Keine kreischenden Babys oder Kleinkinder – und auch die Erwachsenen bekamen allenfalls ein paar sanfte Rutenschläge ab oder wurden halbherzig mitgezerrt, um gleich wieder mit wohlwollend verwuscheltem Haar in die Menge zurückgeschickt zu werden.
Zu meiner Verwunderung interessierten sich die Schreckgestalten mehr für die Hüte der Frauen in der ersten Reihe, die sie ihnen in die Augen drückten, vom Kopf zogen oder versuchten, sie über ihre Hörner zu stülpen. Plötzlich stürmte ein Krampus dicht an mir vorbei auf jemanden in der hinteren Reihe zu. Ich war überrascht, wie weich sich sein Kostüm anfühlte. Kaum zu glauben, dass eine Gestalt mit einem so schauerlichen Gesicht ein so kuscheliges Fell haben konnte! Später kam ich noch ein zweites Mal mit einem Krampus in Berührung, als mich dieser in den Laufweg zerrte und herumwirbelte, bevor mich ein zweiter mit seinen Birkenzweigen „auspeitschte“. Die Eindrücke sind bereits etwas verschwommen, aber ich erinnere mich, dass ich danach noch einige Minuten lang ein leichtes Brennen an den Waden spürte.
Ich wünschte, ich könnte daraus eine pointierte Weihnachtsbotschaft schmieden, aber eigentlich wollte ich nur von meinem Erlebnis berichten😉. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Wir von Klein Wolf Peters wünschen Ihnen und Ihren Lieben, dass Sie aus Ihren hoffentlich friedfertigeren und weniger dämonisch geprägten Feierlichkeiten und Traditionen Freude und Erholung schöpfen! Alles Gute im neuen Jahr!