Danke für das interessante Gespräch!
Von Kristin Fehlauer
Aus dem Englischen von Julia Harwardt
Manchmal denke ich einfach zu viel nach. Das ist wohl eine typische Berufskrankheit: Schließlich drehen und wenden wir beim Übersetzen jeden Satz, den wir lesen oder schreiben, und fragen uns unablässig, ob es nicht doch noch eine bessere Formulierung gäbe. Aber ich denke nicht nur viel darüber nach, was ich schreibe, sondern auch, was ich sage. Und was andere Menschen sagen. Und was wir zueinander sagen. Also kurz: über Konversation im Allgemeinen.
Weder betrachte ich mich als Konversationsexpertin noch bin ich immer für Smalltalk zu haben – schon gar nicht vor dem ersten Kaffee, wie Ihnen meine Kollegen sicherlich bestätigen werden. Aber manchmal ist es eben unumgänglich – und dann versuche ich, das Beste daraus zu machen. Aber was macht gute Konversation eigentlich aus? Was hilft, was sollte man vermeiden? Dazu habe ich einige meiner Lieblingstipps und -ideen zusammengestellt.
Die oberste Regel für eine gelungene Konversation ist einfach: Stellen Sie Ihren Gesprächspartner in den Mittelpunkt – nicht sich selbst. Vielleicht läuft der Austausch etwas stockend an; doch wenn die Antworten Ihres Gegenübers Ihr Interesse wecken, dürfte das Gespräch schnell an Fahrt aufnehmen. Damit es aber nicht zum Verhör wird, ist es vor allem wichtig, die knifflige Balance aus freundlichen Nachfragen und persönlichen Anmerkungen zu finden. Dafür könnten Sie beispielsweise eine Frage stellen und diese ausbauen oder zur Antwort Ihres Gegenübers nachhaken. Damit dürfte der Anfang gemacht sein.
Was aber, wenn sich Ihr Interesse doch eher in Grenzen hält? Dazu möchte ich aus einem Buch einer meiner Lieblingsautorinnen, Lilian Jackson Braun, zitieren: „Es gibt keine stumpfsinnigen Themen … Nur stumpfsinnige Reporter, die stumpfsinnige Fragen stellen.“ Braun sprach zwar vom Journalismus, aber die Idee dahinter hat etwas für sich: Mit der richtigen Herangehensweise kann schlicht jedes Thema spannend sein. Nehmen wir an, das Sujet selbst will Sie nicht recht fesseln – aber vielleicht hat Ihr Gesprächspartner ja eine spannende Verbindung dazu? Was gefällt ihm daran? Wie ist er dazu gekommen?
Auch neue Gesprächsaufhänger sind eine Möglichkeit. Anstelle der Standardfrage „Was machen Sie beruflich?“ könnten Sie sich erkundigen, ob Ihr Gesprächspartner seinen Beruf mag oder was er in seiner Freizeit gerne macht. Vielleicht muss er sich erst kurz sortieren, um auf diese eher ungewohnten Fragen zu antworten – aber die Chancen stehen gut, dass sie gut ankommen und Sie als angenehmen Gesprächspartner ausweisen.
Bei der größten Konversationssünde wiederum liefern sich der dauergelangweilte Blick oder die ständige Unterbrechung des Gesprächspartners ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Fakt ist jedoch: Beides signalisiert Ihr Desinteresse an dem, was Ihr Gesprächspartner zu sagen hat. Denn entweder hören Sie schlicht nicht zu oder sind so mit Ihren eigenen Gedanken beschäftigt, dass Sie einfach los reden, ohne zu bemerken, dass der andere noch gar nicht zu Ende gesprochen hat. Bei einem regen Austausch kann es durchaus passieren, dass man seinem Gegenüber einmal das Wort abschneidet. Dem versuche ich entgegenzuwirken, indem ich mich selbst einbremse und kurz überlege: Hat mein Gesprächspartner seinen Gedanken abschließend zum Ausdruck gebracht? Oder spricht er vielleicht einfach langsamer und ist noch nicht fertig? Wenn Sie Ihrem Gegenüber ins Wort fallen, dann entschuldigen Sie sich kurz und bitten Sie ihn fortzufahren. Damit punkten Sie definitiv!
Eine letzte, wenn vielleicht auch etwas kuriose Idee, die mir mitunter hilft: Wenn Sie sich unwohl oder eingeschüchtert fühlen, tun Sie so, als seien Sie ein Geheimagent oder Dieb auf Ausspähmission. James Bond ist es schließlich auch ganz egal, wenn er auf der Party niemanden kennt! Ein übergeordnetes, wenn auch imaginäres Ziel kann die Anspannung ein wenig lindern – und wer entspannt ist, kann eher den Augenblick genießen und hinterlässt obendrein einen guten Eindruck.
Wie jede andere Fähigkeit erfordert auch Konversationsstärke schlicht ein wenig Übung. Vielleicht probieren Sie meine Tipps ja einfach mal aus! Ich freue mich über Ihren Erfahrungsbericht und hoffe, meine Ideen verhelfen Ihnen zu interessanteren Gesprächen – mit positivem Nachklang 😉.