Wir feiern den Internationalen Übersetzertag!

Posted September 30, 2021

Englisch

Zum Gedenktag des Heiligen Hieronymus, Schutzpatron der Übersetzer, wird weltweit am 30. September der Internationale Übersetzertag #ITD2021 begangen. Aus diesem Anlass haben wir uns bei Klein Wolf Peters gefragt: Was hat uns überhaupt erst zum Übersetzerberuf bewogen – und wie stellen wir uns seine Zukunft vor?

Colin Rae: Man könnte meinen, ich sei Übersetzer geworden, weil ich Sprachen liebe. Das stimmt zwar auch, aber der eigentliche Grund ist: Ich knacke gerne Rätsel. Denn beim Übersetzen ist es, als bewundere ich ein Bild erst in seiner Gänze – bevor ich es in seine Einzelteile zerlege, um es anschließend wieder so zusammenzufügen, dass Menschen mit anderer Perspektive das gleiche Bild sehen können.

In der Zukunft wird die maschinelle Übersetzung sicherlich eine größere Rolle spielen. Aber meines Erachtens ist sie immer noch mehr wie der Lehrling, der in einer stillen Ecke des Ateliers an seinen rudimentären Aufgaben werkelt, während die echten Meisterwerke weiterhin vom wahren Künstler erschaffen werden.

Julia Harwardt: Ursprünglich wollte ich meine Sprachbegabung in einem Studium der Politikwissenschaft und Ostslawistik nutzbringend einsetzen, aber das war mir dann doch etwas zu trocken und theoretisch. Nachdem ich bei einer Exkursion in die Ostukraine mit großer Begeisterung den uns begleitenden Dolmetscher beobachten und nach seinem Beruf ausfragen konnte, wechselte ich schnell zurück zu meinen „Leisten“ – und hier bin ich nun, zusammen mit all den anderen großartigen Sprachnerds von Klein Wolf Peters.

Nach einigen anfänglichen Zukunftsängsten hat sich unsere Branche mittlerweile gut positioniert, um die Veränderungen durch Automatisierung, Künstliche Intelligenz und technische Fortschritte, die unseren altehrwürdigen Beruf aktuell und künftig mitunter gehörig auf den Kopf stellen, professionell zu begleiten. Ein wenig Veränderung hat schließlich noch nie geschadet und bringt ja immer auch spannende neue Einblicke und Kompetenzen mit sich, sowohl auf fachlicher als auch persönlicher Ebene.

Kristin Fehlauer: Da ich während meines Studiums in den USA nie ins Ausland gereist bin, beschloss ich etwa zwei Jahre nach meinem Abschluss, dass nun die Zeit für diese Erfahrung gekommen war. Ich ergatterte eine Stelle als Assistentin für den Englischunterricht an einer Grundschule in Rostock und genoss meine Zeit dort sehr. Und obwohl ich mich sehr darauf freute, nach Ende des Schuljahres meine Familie wiederzusehen, wünschte ich mir nichts mehr, als eines Tages wieder nach Deutschland zurückzukehren. Während ich also meine (recht überschaubaren) Optionen abwägte, fragte mich eine Kollegin: „Was ist denn mit Übersetzungen? Ich könnte mir vorstellen, dass dir das richtig Spaß macht.“ Klang gut! Einige Bewerbungen, eine einjährige Auszeit und ein zweijähriges Master-Studium später war ich zurück in Deutschland.

Das ist 14 Jahre her. Damals wurden meine ersten Übersetzungen noch ausgedruckt und per Hand korrigiert. Schließlich hielten CAT-Tools, die riesige Mengen bereits übersetzter Texte speichern konnten, in den Arbeitsprozess der Übersetzer Einzug ­– und ich erinnere mich noch gut daran, dass mir die Umgewöhnung nicht eben leichtfiel. Mit dem Aufstieg von KI ändert sich mein Beruf nun ein weiteres Mal. Ich denke, dass wir künftig vermehrt selber Texte schreiben und in beratender Funktion erklären, wie eine KI-generierte Übersetzung bei der Leserschaft voraussichtlich ankommen wird und warum wir manche Änderungen vornehmen müssen.

Solveig Rose-Mollard: Nach der Schule stand ich vor der Wahl: Sprachen oder Technik? Lehramt schied aus und so wollte ich mich schon fast Maschinenbau & Co. zuwenden, als ich auf den Beruf des Übersetzers und Dolmetschers stieß. Sich täglich mit Neuem beschäftigen? In die verschiedensten Themen eintauchen? Als Konferenzdolmetscherin den drittstressigsten Beruf der Welt ergreifen und unter größtem Zeitdruck elegante Formulierungen ins Mikrofon zaubern? Ein Traum.

Wie sehr in beiden Disziplinen sprachliches Feingefühl und Flexibilität gefordert sind, wurde mir erst auf dem Weg dorthin klar. Übersetzung ist nicht gleich Übersetzung: Je nach Anforderungen lässt sich ein Text hundertmal anders in dieselbe Sprache übertragen – was meine Begeisterung für meine berufliche Laufbahn nur verstärkte. Und da einerseits gerade im technischen Bereich Sprachmittler sehr gefragt sind und andererseits für unsere Arbeit immer mehr Technik zur Verfügung steht, die es zu beherrschen und zu nutzen gilt, stelle ich nach einiger Berufserfahrung fest, dass ich mich letztlich gar nicht für ein Entweder-oder, sondern Sowohl-als-auch und vor allem für eine vielversprechende Zukunft entschieden habe.

Richard Peters: Mit René Descartes komme ich einer Beschreibung meiner Beziehung zur Übersetzung wohl am nächsten. Hätte er geschrieben „Ich übersetze, also bin ich“, hätte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Übersetzung ist meine Welt, mein Element. Ich atme, spreche und denke sie. Sie ist meine Obsession. Fußballer müssen kicken, Maler müssen malen, Sänger müssen singen – und ich, ich muss übersetzen. Beim Übersetzen bin ich im Flow: Ich bin eins mit dem Universum, lasse die Wirklichkeit hinter mir; für mich zählt nur der Ausdruck dieses einen Gedankens. Kurz gesagt: Ich find‘s ganz gut.

Dennoch brauchte ich überraschend lange, um die Übersetzung zu meinem Beruf zu machen. Ich scheute immer vor diesem Weg zurück und brachte meine Sprachkompetenz lieber direkt in der Wirtschaft ein. Als ich aber schließlich doch in der Sprachenbranche landete, wusste ich, dass ich meine Bestimmung gefunden hatte. Wohin auch immer es die Übersetzung in unserer schönen neuen Welt mit künstlicher Intelligenz, Vernetzung und Big Data verschlägt – ich werde ihr folgen. Solange es den Menschen gibt, wird er denken. Und er wird diese Gedanken teilen wollen. Dann werde ich zur Stelle sein, um Brücken für sie zu schlagen – was auch immer ihnen im Wege steht.

Maria Wolf: Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Der Appetit kam beim Essen.

Zunächst wollte ich einfach nur mein Französisch verbessern, möglichst mit einem brauchbaren Abschluss. Aber im Zuge der Auseinandersetzung mit Sprache, mit der Menschen ihr Sein, Denken und Wollen zum Ausdruck zu bringen versuchen und doch so viele Missverständnisse verursachen, wuchs mein Bedürfnis, über Sprache vermittelnd und verbindend tätig zu werden, ob als Übersetzerin, die in ihrer einsamen Werkstatt Botschaften und Bedeutungen in der Ausgangssprache pedantisch seziert, um sie für einen erbaulichen Lesegenuss in die Zielsprache zu übertragen, oder als Dolmetscherin, die Aussagen blitzschnell erfassen, verarbeiten und zuhörergerecht ausschütten muss – ohne Nachbesserungschance, dafür aber meist in geselliger Umgebung. Beides hat seinen Reiz. In der Kombination habe ich meine Berufung gefunden.

Neuronale Übersetzungsmaschinen werden immer besser. Aber ich habe Hoffnung für unseren Beruf: Solange es schon zwischen Menschen, die die gleiche Sprache sprechen, ständig Missverständnisse gibt, so lange wird uns auch die KI als Mittler zwischen Menschen unterschiedlicher Sprachen nicht ausbooten.

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