Muttertag: Problematisch oder bedeutsamer denn je?
Von Chrissie Noordally
Auf der Suche nach einem geeigneten Blogthema kam mir der Muttertag am 8. Mai gerade recht. Ich habe eine Mutter und bin inzwischen selbst Mama von zwei Kindern. Dazu fällt mir doch sicher etwas ein, das die Leser nachvollziehen können! Zum Beispiel, dass ich ganz objektiv und uneigennützig der Meinung bin, dass wir Müttern unendlich dankbar sein sollten, weil sie trotz der vielen schlaflosen Nächte stets Spielzeugberge aufräumen, deckenhohe Wäscheberge wegbügeln und sich überhaupt um alles kümmern, damit ihre Kinder glücklich sind und zu verantwortungsvollen Menschen heranwachsen. Und da ich nun selbst erfahre, was Muttersein eigentlich bedeutet, finde ich es nur fair, wenn Mütter an diesem einen Tag im Jahr gefeiert werden, wenn – abgesehen vom Vatertag, der aus denselben Gründen gefeiert wird– dann an allen anderen Tagen wieder „Kindertag“ ist.
Im Rahmen meiner Recherche zu dem Thema sind mir wider meine Erwartungen jedoch Kritikerstimmen untergekommen, die argumentieren, dass der Muttertag nicht mehr zeitgemäß sei, da er Frauen auf die Mutterrolle reduziere. Und obwohl die Abschaffung konservativer Geschlechterklischees normalerweise ganz in meinem Interesse liegt, wurde ich hier doch stutzig: Wie kann man den Muttertag problematisch finden? Ist dieser Vorwurf hier gerechtfertigt? Da lohnt sich ein kurzer Blick auf die Geschichte des Muttertags – gerade in Deutschland:
Den ersten Muttertag rief Anna Maria Jarvis am 12. Mai 1907 in den USA mit einem Gedenkgottesdienst für ihre Mutter ins Leben, den sie danach jährlich feierte. Diese Tradition erfreute sich schnell so großer Beliebtheit, dass bereits 1909 45 US-Bundesstaaten den „Mother’s Day“ begingen. 1914 wurde er vom Kongress offiziell auf den zweiten Sonntag im Mai festgelegt und seitdem auch in ganz USA gefeiert. Anna Maria Jarvis bedauerte allerdings die zunehmende Kommerzialisierung und versuchte vergeblich, den „Mother’s Day“ gerichtlich zu verhindern.
Im Jahr 1923 fand die Tradition auf Initiative vom „Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber“ ihren Weg nach Deutschland und machte das Fest auch hierzulande zum kommerziellen Erfolg.
Die Nationalsozialisten verliehen dem Muttertag ab 1933 zwar einen höheren, aber verfälschten Stellenwert: Sie nutzten ihn für Propagandazwecke und zeichneten am „Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter“ Frauen für besondere Gebärleistungen aus, etwa mit dem Mutterkreuz.
Nach dem Krieg wurde der Muttertag als offizieller Feiertag in Deutschland zwar abgeschafft, wird aber hierzulande – wie in über 40 Ländern weltweit – auch heute noch begangen.
Und das sollte meiner Meinung nach so bleiben – trotz oder sogar gerade wegen unserer Geschichte.
Denn Mütter gibt es weiterhin, und viele vollbringen jeden Tag Großartiges. Wir sollten uns am Muttertag aber auch noch einmal auf unsere bedeutungsvolle Aufgabe als Eltern (und Gesellschaft) besinnen. Unser Auftrag lautet, Kinder zu empathischen, weltoffenen, toleranten Menschen zu erziehen und sozial zu prägen, damit eine Welt geschaffen werden kann, in der in Zukunft alle Menschen gleich und frei leben können. Das ist ja gerade heute leider wieder aktueller denn je.