„Translate Better“ – Fortbildung für Profis
Von Kristin Fehlauer, aus dem Englischen von Maria Wolf
Der aufgeheizte Kies knirscht unter meinen Sohlen auf dem Weg durch den großzügigen Innenhof. Das warme Rot der alten Backsteingebäude hebt sich kontrastreich gegen den strahlend blauen Himmel ab. Schwalben flattern geschäftig durch die Luft und bringen Nahrung zu ihren Nestern unter den Giebeln. Für die Jahreszeit ungewöhnlich gnadenlos brennt die Sonne auf mein Haupt. Am Horizont lockt ein glitzernder See mit kühlem Nass. Doch mein Weg führt heute an ihm vorbei.
So empfing mich das Landgut Stober, eine beliebte Tagungsstätte und Eventlocation rund 30 Kilometer westlich von Berlin. Das Hotel sollte für die nächsten zwei Tage mein Zuhause sein. Hierher hatte der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e. V. (BDÜ) Ende Mai zu einem Workshop unter dem Titel „Translate better“ – besser übersetzen – eingeladen. Im Mittelpunkt stand das Handwerkszeug der Übersetzer mit Deutsch und Englisch als Arbeitssprachen. Die Nationalitätenvielfalt der Teilnehmer, der Charme der Location und die Qualität der Küche trugen zu einem – im positiven Sinne – überwältigenden Erlebnis bei.
Ich war überrascht, wie beruhigend doch die Feststellung auf mich wirkte, dass andere Übersetzer mit den gleichen Herausforderungen sprachlicher und kultureller Natur ringen wie ich. Anders als viele andere übersetze ich zwar nicht isoliert in meinem Kämmerlein vor mich hin, sondern tausche mich täglich als Festangestellte eines Kommunikationsunternehmens mit meinen Kollegen aus. Dennoch war die Begegnung mit unternehmensfremden Kollegen eine Bereicherung. Viele haben völlig andere Arbeitsgebiete und Arbeitsbedingungen: Ein Gutteil der Teilnehmer waren Freiberufler, die von zu Hause aus und in Feldern arbeiten, in die ich allenfalls mal hineingeschnuppert habe: Kunst, medizinische Fachbücher, technische Redaktion oder sogar Podcasts. Ihre Erfahrungen und Einblicke waren erfrischend neu, andererseits aber auch wieder beruhigend vertraut und motivierend, wenn meine Berichte von Übersetzungsproblemen mit „Oh ja, das kenn ich“ und „So geht’s mir auch“ erwidert wurden.
Ich hatte das Glück, dass ich an der Konferenz zusammen mit zwei meiner deutschen Kolleginnen teilnehmen durfte. Da die Workshops parallel nach Sprachgruppen getrennt (Englisch ins Deutsche und Deutsch ins Englische) stattfanden, konnten wir anschließend unsere Erkenntnisse abgleichen und das Gelernte im Gedankenaustausch vertiefen.
Einziger Wermutstropfen: Wir hatten einfach viel zu wenig Zeit, um gemütlich auf der Terrasse zu sitzen, den Blick auf den See zu genießen und die vielen Anregungen in Ruhe zu verarbeiten. Immer wieder gab es interessante Gespräche, noch eine wichtige Frage und einen weiteren zu erörternden Aspekt – oder ab und zu ein bisschen Arbeit nebenbei, die einen davon abhielten. Ach, hätte ich doch nur den Lauf der untergehenden Sonne aufhalten und die Abendstunden in die Länge ziehen können, um in aller Stille die Eindrücke des Tages in mich einsinken und meinen Blick mit den Libellen in die Dämmerung des Abendlichts schweifen zu lassen …