Traumjob gefällig?
Aus dem Englischen von Julia Harwardt
„Wie wär’s mit Übersetzung? Ich glaube, das könnte dir richtig Spaß machen.“
Diese Worte stammen von einer Kollegin, die wie ich im Schuljahr 2002/2003 als Assistentin für den Englischunterricht an einer Grundschule in Rostock arbeitete. Ich glaube, sie wusste genauso wenig wie ich, was Übersetzer*innen eigentlich genau machen, aber ich wollte in Deutschland bleiben und hatte auch keine bessere Idee.
Mittlerweile arbeite ich seit über 14 Jahren als Übersetzerin. Würden Sie mich nach den prägendsten Entwicklungen in dieser Zeit fragen, so wären das wahrscheinlich der technische Fortschritt und die zunehmende Vorherrschaft der englischen Sprache. Das lässt sich am besten am Beispiel meines Werdegangs als Übersetzerin veranschaulichen.
Meine Laufbahn begann 2005 mit meiner Einschreibung für ein Master-Studium in Übersetzung am damaligen Monterey Institute of International Studies (heute: Middlebury Institute of International Studies at Monterey). Uns wurde eingetrichtert, dass Übersetzer*innen zum einen die Botschaft genau erfassen und die Zielgruppe eines Texts kennen, zum anderen dieses Wissen in ein gut geschriebenes Produkt verwandeln können müssen. Wir wurden darauf getrimmt, über den Quelltext nachzudenken und ihn zu verstehen und im Zieltext wiederum auf Lesbarkeit und Sprachebenen zu achten. Computersoftware spielte damals nur eine Nebenrolle. Nur ein Kurs befasste sich mit computerunterstützter Übersetzung (Computer-aided Translation, CAT), die mich damals aber, ehrlich gesagt, nur mäßig beeindruckte. Auch in unseren Seminaren kamen keine besonderen Tools zum Einsatz. Die Dozentinnen und Dozenten druckten unsere Übersetzungen aus und machten ihre Korrekturen direkt auf Papier – eine heute absolut altmodisch anmutende Praxis.
Nach meinem Abschluss im Jahr 2007 fand ich eine Stelle als Inhouse-Übersetzerin für ein Consulting-Unternehmen in München. Auch dort druckten wir unsere Übersetzungen meistens noch aus, damit eine Kollegin oder ein Kollege sie durchsehen und mit dem Rotstift korrigieren konnte. 2014 wechselte ich in ein kleineres Unternehmen, das mit einem teilautomatisierten Tasksheet, einer rudimentären Übersetzungssoftware und einem Online-Chatprogramm für interne Sprachdiskussionen schon stärker auf digitale Tools setzte. Ab diesem Zeitpunkt gehörten Ausdrucke der Vergangenheit an: Anstelle des Rotstifts wurde für Korrekturen und Änderungsvorschläge die Funktion zur Nachverfolgung von Änderungen verwendet.
Was anfänglich lediglich dem Versuch geschuldet war, meinen Aufenthalt in Deutschland zu verlängern, hatte sich mittlerweile zu einer Herzensangelegenheit entwickelt. Jeder Abschnitt meiner beruflichen Laufbahn vertiefte meine Begeisterung für diesen Beruf – das hat sich bis heute nicht geändert. Zu Klein Wolf Peters kam ich direkt nach der Unternehmensgründung im Jahr 2017. Seit dem ersten Tag verwenden wir für nahezu alle Übersetzungen sowie die Qualitätsprüfung Tools wie memoQ oder Trados und kommunizieren über Microsoft Teams mit Kolleginnen, Kollegen und Freelancern, die nicht vor Ort bei uns arbeiten. Im Laufe der letzten viereinhalb Jahre (wie doch die Zeit verfliegt!) haben wir unsere Kompetenzen für verschiedene Softwares nochmals ausgebaut und nutzen mittlerweile auch AI-gestützte Tools. Ganz anders als noch zu meinen Studienzeiten sind Computer aus unserem Arbeitsalltag heute nicht mehr wegzudenken. Sie erleichtern Sprachprofis das Leben in vielerlei Hinsicht, sodass wir uns mehr auf die Aspekte konzentrieren können, die unsere Arbeit so spannend und auch unterhaltsam machen.
Was die zweite große Entwicklung in meiner Laufbahn angeht, so wünschte ich, mein Studium in Monterey hätte mich besser auf die Arbeit mit Texten vorbereitet, die bereits auf Englisch verfasst wurden. Obwohl das Ziel dasselbe ist – nämlich ein gut lesbarer und fließender Text –, ist der Weg dorthin ein wenig anders. Neben klassischen Übersetzungsfragen – wer ist die Zielgruppe, wie formell muss der Ton sein und ist dieses Wort nicht doch zu vage? – ist beim Lektorat eines Texts immer auch zu überlegen, ob die jeweilige Änderung die Aussage des Verfassers verfälscht oder überhaupt eine lohnenswerte Verbesserung darstellt. Beim Lektorat und Feinschliff eines englischen Texts müssen all diese Überlegungen bei jedem Wort und jedem Satz berücksichtigt werden.
Auch unser Tätigkeitsbereich als Übersetzer*innen erweitert sich ständig und umfasst heute Social Media (insbesondere Twitter und LinkedIn), Gaming und visuelle Medien – nicht zu vergessen die Palette an PC-Apps, die wir beherrschen sollten. Daneben bieten wir immer mehr Dienstleistungen in verwandten Bereichen an und verfassen nicht nur selbst Texte, sondern untertiteln auch oder schreiben sogar Reden. Das sind nun nicht eben die klassischen Aufgaben, die einem beim Stichwort Übersetzer*in einfallen würden. Doch dank der langjährigen Beziehungen zu unseren Kunden sind wir dafür perfekt aufgestellt: Denn wir kennen ihr Geschäft und ihren Kommunikationsstil aus dem Effeff. Entwicklungen wie diese führen dazu, dass unsere Arbeit immer dynamisch, anspruchsvoll und vor allem spannend bleibt.
Aktuell sind wir von Klein Wolf Peters auf der Suche nach einem weiteren vielseitigen Übersetzungstalent für unser Englischteam. Im Idealfall hat sich unser neuer Kollege oder unsere neue Kollegin bereits in die verschiedenen Digitaltools eingearbeitet, darüber aber nicht die Grundlagen unserer Arbeit vernachlässigt, weiß also genau, wie aus einer (fremdsprachigen) Vorlage ein natürlich klingender, angenehm fließender englischer Text wird. Wir freuen uns darauf, neue Leute kennenzulernen und mehr über ihren Werdegang in unserer Branche zu erfahren!