Mehrsprachige Filme – des einen Freud ist des anderen Leid

Posted Oktober 4, 2023

Englisch

Von Colin Rae
Aus dem Englischen von Julia Harwardt

Seit ich denken kann, bin ich verrückt nach Filmen. Meine Filmsammlung reicht von cinefilm über VHS bis zu DVD und Blu-ray. Selbst im Goldenen Zeitalter des Streamings baue ich meine Kollektion unbeirrt weiter aus. Denn allein die Vorstellung, nachts um vier Uhr nicht spontan Ein seltsames Paar ansehen zu können, weil der Streaming-Dienst es aus dem Programm genommen hat, versetzt mich ein wenig in Panik.

Mein Interesse am internationalen Film begann, lange bevor ich eine Fremdsprache lernte. Da gut synchronisierte Filme meiner Erfahrung nach rar gesät sind, ist mir Originalsprache mit Untertiteln grundsätzlich am liebsten. Das war eine Zeitlang anders: Zur Verbesserung meiner Deutschkenntnisse habe ich früher oft Filme, die ich bereits gut kannte, in deutscher Synchronisation angesehen (den filmischen Genuss lasse ich hier einmal außen vor). Doch sobald ich mich fit genug fühlte, konnte ich deutsche Filme endlich ohne englische Untertitel ansehen.

Per se habe ich nichts gegen Untertitel: Ihnen habe ich es wie gesagt zu verdanken, dass ich fremdsprachige Filme mit den Originalstimmen ansehen kann. Und da wir bei Klein Wolf Peters regelmäßig Videos für die Unternehmenskommunikation unserer Kunden untertiteln, hege ich größten Respekt für diese Kompetenz. Fakt ist jedoch, dass man bei untertitelten und insbesondere dialoglastigen Filmen immer Gefahr läuft, vom filmischen Genuss abgelenkt zu werden.

Dieser wird andererseits aber noch größer, wenn meine beiden Sprachwelten in einem Film mit deutschen und englischen Szenen zusammenkommen. Als bestes Beispiel dafür fällt mir Die Frau in Gold mit Helen Mirren, Ryan Reynolds und Daniel Brühl ein. In diesem auf wahren Begebenheiten beruhenden Werk über eine Frau, die ein von den Nazis gestohlenes Gemälde von Gustav Klimt in den rechtmäßigen Besitz ihrer Familie zurückbringen will, wird in Szenen in der Jetztzeit auf Englisch und in Rückblenden auf Deutsch gesprochen. Dies überzeugt umso mehr, als die deutschsprachigen Passagen – zumindest in den Rückblenden – von Schauspieler*innen mit deutscher Muttersprache gespielt werden. Das verleiht dem Film nicht nur die Authentizität, die dem Thema gebührt, sondern freut auch diejenigen Zuschauer*innen, die beide Sprachen verstehen. Denn statt auf Untertitel können sie sich völlig auf die Handlung einlassen.

Ich finde es faszinierend, wie unterschiedliche Filme damit umgehen, wenn mehrere Sprachen zum Einsatz kommen. Die englische Originalversion von Jagd auf Roter Oktober ist ein sehr interessantes Beispiel. Dort spricht die russische U-Boot-Besatzung anfangs Russisch, wofür in der Originalversion englische Untertitel eingefügt werden. Nun handelt es sich hierbei um die Verfilmung eines Bestsellers von Tom Clancy – zwei Stunden Untertitel zu lesen, ist für sein eher im Mainstream angesiedeltes Publikum keine Option. Also steigen die russischsprechenden Figuren schnell auf Englisch um. Einige Filme würden vielleicht ein wenig an der Handlung drehen und beispielsweise eine nicht-russischsprachige Figur einführen, um den Sprachwechsel plausibel zu machen, doch eine solche dürfte sich an Bord eines sowjetischen Atom-U-Boots nur schwer erklären lassen. Stattdessen wird gezeigt, wie der Politoffizier an Bord die Vaterlandsliebe des Kapitäns (gespielt von Sean Connery) testen will und dafür eine Passage aus einem Buch vorliest, die Letzterer dort unterstrichen hat. Während der Politoffizier die erste Hälfte des Zitats auf Russisch vorträgt, zoomt die Kamera zunächst auf seinen Mund. Schließlich entfernt sich die Kamera wieder, und der Offizier beendet das Zitat auf Englisch. Ab dieser Stelle läuft der Film auf Englisch weiter. Das könnte nun irritierend sein, ist es aber nicht.

Danach sprechen die russischen Figuren zwar Englisch, aber mit Akzent – was einiges Potenzial hat, den Film gegen die Wand zu fahren. Sam Neill klingt entfernt russisch, Tim Curry definitiv englisch und Sean Connery, nun ja, wie Sean Connery. Meiner Meinung nach ist Authentizität aber bei den wenigsten Filmen möglich und wünschenswert, insbesondere, wenn es um Sprache und Akzente geht. In diesem Fall ist allein das Mitwirken eines Weltstars wie Connery für mich Grund genug, misslungene Akzente zu verzeihen. Vielleicht wäre das anders, wenn ich selbst Russisch spräche. Aber hier geht es um Filme. Wer über so etwas nicht hinwegsehen kann, ist vielleicht mit einer Dokumentation besser bedient.

Wahrscheinlich bin ich deshalb ein so großer Fan von Filmen mit mehreren Sprachen, weil ich es mittlerweile so gewohnt bin, zwischen Englisch und Deutsch hin- und herzuspringen. Und wenn ich irgendwann in der Zukunft endlich auch eine dritte Sprache fließend beherrsche, werde ich noch mehr Freude an meinem Hobby haben. Manche lernen Fremdsprachen, um zu reisen, andere, um Weltliteratur im Original lesen zu können – für mich sind Kinofilme eine große Motivation. Stellt sich nur die Frage, welche Sprache ich mir dann am besten vornehme: Schwedisch für Ingmar Bergman, Spanisch für Pedro Almodóvar, Französisch für François Truffaut, Serbokroatisch für Emir Kusturica oder doch Koreanisch für Bong Joon-Ho? Welche Sprache würden Sie gerne lernen – und warum?

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